Damian Deßler wurde über eine GPM-Veranstaltung auf unser Buchprojekt aufmerksam und hat den Entstehungsprozess auf mehreren Workshops als Impulsgeber konstruktiv begleitet. Damian ist Projektmanager und Berater bei der getit GmbH in Dortmund und dort verantwortlich für PIM und E-Commerce Projekte. Er hat Projekte bereits aus verschiedenen Perspektiven begleitet, als Analyst, Qualitätsmanager in Softwareprojekten und als Projektleiter in klassischem IT-Umfeld auf Kundenseite. Über seine Erfahrungen schreibt er in seinem Blog – außerdem twittert er über verschiedene Projektmanagementthemen.

TurnArounds müssen nicht gelingen – aber was sind die wichtigsten äußeren Voraussetzungen, damit sie gelingen können?

Unter äußeren Voraussetzungen verstehe ich die Umwelt um das Projekt herum. Dazu gehören klassischerweise die Stakeholder, die sowohl im eigenen Unternehmen als auch auf Kundenseite sitzen können. Außerdem ist die Unternehmenskultur ein wichtiger Faktor: Werden Projekte transparent nach innen und außen getragen? Oder ist eine Kultur der Angst im Unternehmen verbreitet – und wird nur über „Wassermelonen-Projekte“ berichtet (außen grün, innen rot)?

Wichtig ist auch, dass Team und Unternehmen in der Lage sind, Schieflagen des Projektes schnell zu erkennen. Je früher Probleme erkannt werden, desto weniger Schaden richten sie an. Deshalb ist es notwendig, Feedbackschleifen kurz zu halten (inspect & adapt) – Scrum und andere iterative Vorgehensweisen zeigen, wie es geht. Doch um das erfolgreich umzusetzen, muss das eigene Unternehmen auch dahinter stehen – und der Kunde muss es wollen.

In dem Sinne sind in meinen Augen diese drei Punkte sehr wichtig:

  1. Transparenz
  2. Klare Kommunikation (nach innen und außen)
  3. Kurze Feedbackschleifen

Was waren die Ursachen für dein letztes TurnAround-Projekt – und wie hast du es gelöst?

Das Projekt hatte schon im Vertrieb einen recht schlechten Start, denn der Kunde hatte sowohl Aufwände als auch Budget sehr hart verhandelt – und es waren recht stramme Meilensteine gesetzt worden. Von Anfang an hatte das Projekt damit sehr beschränkte Budget- und Zeitkapazitäten. Aber vor allem hatten wir zu Beginn vergessen, die Erwartungshaltung der jeweiligen Stakeholder einzuholen!

So entwickelte das Projektteam die Software und übergab diese, nachdem sie getestet worden war, dem Kunden. Was folgte war ein „Big Bang“: Der Kunde fand kurz vor GoLive Fehler und wies sogar Features zurück, weil diese nicht seiner Erwartungshaltung entsprachen. Es begann ein Teufelskreis. Pläne wurden verlängert, mehr Ressourcen hineingesteckt – nur an der Arbeitsweise änderte sich lange nichts, weil die Notwendigkeit dafür zum Teil nicht erkannt oder akzeptiert wurde.

Sicherlich war es riskant, die Vorgehensweise mitten im Projekt zu ändern – aber ich erkannte die Chance, mit einem Scrum-ähnlichen Ansatz das Projekt mit dem Team doch noch herumzureißen. Das Team war zu dem Zeitpunkt auch schon reichlich genervt, gereizt – und wollte einfach nicht mehr so weiter machen.

Zunächst machten wir im Team mittels eines gemeinsamen Kanban Boards die Arbeit transparent: Auf dem Board waren mit Post-its die Arbeitspakete im Status Quo abgebildet. Außerdem lieferten wir dem Kunden regelmäßig die Zwischenstände, so dass er auch entsprechend schnell und früh Feedback geben konnte. Das bedeutete zwar auch auf Kundenseite erhöhten Aufwand – der zahlte sich jedoch aus. Am Ende konnten wir das Projekt erfolgreich abschließen und hatten zufriedene Teams auf beiden Seiten.

Wie wichtig ist deiner Meinung nach die Geistes-Haltung in TurnAround-Projekten?

Sehr wichtig – sie ist einer der wichtigsten Aspekte, denn erst mit der richtigen Geistes-Haltung lassen sich Probleme schnell identifizieren und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Wenn im Projekt oder im Projektumfeld Kollegen arbeiten, die eine destruktive Geistes-Haltung haben, sprich egozentrische Ziele verfolgen, schaden diese mittelbar dem Projekt. Aber auch Kollegen, die sich Neuem verschließen. Kommentare wie „Das haben wir aber schließlich immer so gemacht“ sind nicht selten – und auch eine Ursache für Wassermelonen-Projekte, die zwar außen grün, aber innen rot sind.

Welche der 5 Phasen des TurnArounds ist dir am wichtigsten?

Eine sehr schwierige Frage, da ich alle Phasen für gleichermaßen wichtig halte. Betrachtet man das aber aus der Perspektive, dass ich als Projektbeteiligter Wassermelonen-Projekte vermeiden möchte, ist für mich die 5. Phase – Nachhaltigkeit ungemein wichtig.

In dieser Phase stellt sich heraus, wie gut man das Gelernte aus dem Projekt festhält und Wissen multipliziert, so dass andere bzw. neue Projekte davon profitieren, um solche TurnArounds in Zukunft zu vermeiden bzw. früh zu erkennen und somit den Schaden gering hält.

Im Rahmen des Buchprojektes: Was war deiner Meinung nach die beste Erfahrung?

Zum einen die Erfahrung überhaupt, an solch einem Projekt teilzunehmen, dafür bedanke ich mich auch noch herzlich bei den Autoren und beim Kernteam, die so etwas ermöglicht haben.

Darüber hinaus waren es natürlich die Impuls-Workshops mit charismatischen Teilnehmern, vielen Erfahrungen und dem Netzwerken. Selten habe ich in zwei Tagen so viel gute Erfahrung für mich persönlich mitgenommen.

Eine Sache möchte ich aber auch noch herausstellen – das war die Analyse des Films „Der Flug der Phoenix“ aus Sicht eines TurnAround-Projekts. Eine unglaublich fruchtbare Erfahrung mit dem Team. Ich würde so etwas in Form eines Gamestormings für Projektteams vorschlagen oder für weitere Barcamps. Einen Klassiker aus dieser besonderen Perspektive zu betrachten, eröffnet einem eine neue Welt.

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